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Behandlungsfehler

Behandlungsfehler - Die 5 häufigsten Irrtümer im Arzthaftungsprozess

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Die effektive Vorbereitung des Verfahrens im Arzthaftungsrecht beginnt zum frühestmöglichen Zeitpunkt, idealerweise bereits bei der Beweissicherung in der Klinik. Die Erfahrung bei der Vertretung von Patienten in Arzthaftungsprozessen zeigt, dass oftmals gefährliches Halbwissen im Zusammenhang mit sogen. Ärztepfusch besteht, welches im ungünstigsten Fall zum vermeidbar negativen Ausgang des Prozesses führt.

Nachfolgend daher einige der häufigsten Irrtümer im Zusammenhang mit einem Verdacht auf ärztliche Behandlungsfehler und Handlungsempfehlungen für Patienten:

1. Der Arzt ist doch versichert, also gibt es Schmerzensgeld wenn die Operation schief geht.

Nein, denn es besteht im Medizinrecht keine generelle Haftung für eingetretene Komplikationen. Die jeweilige Komplikation und die damit verbundene Gesundheitsschädigung kann durchaus die Folge einer Falschbehandlung sein. Dies muss jedoch nicht zwingend so sein, denn auch bei einer sorgfältigen standardgemäßen Behandlung kann sich ein derartiges Risiko verwirklichen und den gleichen Gesundheitsschaden verursachen.

Nur selten ist der medizinische Haftungsgrund und damit der Behandlungsfehler offensichtlich, etwa wenn das falsche Bein operiert wird. Deshalb kann ich den Patienten nur raten, bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler sofort alles aufzuschreiben, was einem im Behandlungsablauf seltsam vorkommt. Dabei sollten Datum, Uhrzeit und Name des behandelnden Arztes unbedingt mit notiert werden. Fragen Sie am besten gleich in der Klinik ihren Bettnachbarn nach Name, Vorname und Adresse, wenn dieser Angaben als Zeuge in einem späteren Arzthaftungsprozess machen könnte. Und fertigen Sie mit Ihrem Smartphone regelmäßig Fotos von der Entwicklung der Wunde an, da auch Handyfotos ein Beweismittel sein können.

Dies ist wichtig, um später den Ablauf der Behandlung und etwaige Unregelmäßigkeiten exakt nachvollziehen und auch nachweisen zu können.

2. Bei der Patientenaufklärung wurde auf die eingetretenen Beschwerden nicht hingewiesen, also gibt es Schmerzensgeld wegen Aufklärungsversäumnis.

Bei dieser Annahme ist Vorsicht geboten, denn auch wenn dem Patienten - zumindest seiner Erinnerung nach - die eingetretene Komplikationen nicht vorher erläutert wurde, kann sie im schriftlichen Aufklärungsbogen enthalten sein. Der Patient sollte daher den Aufklärungsbogen sorgfältig durchlesen und dem Arzt im mündlichen Aufklärungsgespräch Fragen stellen, wenn er medizinische Begriffe wie etwa die oft verwendete Umschreibung "Nervenläsionen" nicht versteht. Denn juristisch wäre es ausreichend, wenn der Arzt vor der Unterschriftsleistung zum Gespräch  handschriftlich das Wort Nervenschaden vermerkt und bei der Anhörung vor Gericht erklärt, dass Gelegenheit bestand, Fragen zu stellen, wodurch die eingetretene Beinlähmung bei der Aufklärung mit erfasst wurde.

Um dieses Ergebnis zu vermeiden, sollte der Patient  zeitnah nach dem mündlichen Aufklärungsgespräch schriftlich notieren, welche Fragen gestellt wurden und was genau der Arzt dazu gesagt hat, dies wenn möglich mit wörtlicher Rede, um den Gesprächsablauf zu dokumentieren.

Später ist es im Übrigen auch nicht ausreichend, einfach zu sagen, dass man den Eingriff nicht hätte machen lassen, wenn man gewusst hätte, dass man hinterher gelähmt ist. Der Patient kann sich nur dann auf fehlerhafte Aufklärung berufen, wenn er auch den Entscheidungskonflikt nachvollziehbar erläutern kann. Denn dieser Entscheidungskonflikt ist nicht gegeben, wenn es tatsächlich keine, auch keine konservative (nicht operative) Behandlungsalternative gegeben hat. D.h., der Anspruchsteller sollte gegenüber seinem Anwalt dazu aussagefähig sein, welche Behandlungsmaßnahmen er bei korrekter Aufklärung vorgenommen hätte.

3. Die Schädigung ist so im Internet beschrieben, wie sie auch eingetreten ist, also ist das der Beweis für den Arztfehler.

Ganz abgesehen davon, dass die im Internet geschilderten Symptome auch eine ganz andere Ursache haben können, sind Auszüge aus diversen Blogbeiträgen und im Internet veröffentlichter medizinischer Literatur für den gerichtsfesten Nachweis von ärztlichen Kunstfehlern gänzlich ungeeignet. Veröffentlichungen im Internet können allenfalls ein Anhaltspunkt für einen Behandlungsfehlerverdacht sein.

Als Beweismittel geeignet sind hingegen Ihre Behandlungsunterlagen, einschließlich Laborbefunde und Pflegeberichte sowie zum Nachweis des Schadens die Arztbriefe, Befundberichte oder Röntgenaufnahmen nachbehandelnder Ärzte. Die dafür gezahlten Kopierkosten sind also gut investiertes Geld. Wenn später die Ärzte mündliche Bemerkungen über misslungene Operationen ihrer Vorgänger machen, hören Sie bitte gut zu und fragen  Sie möglichst noch genauer nach. Schreiben Sie sich am besten hinterher schnellstmöglich alles auf (mit Datum und Name des Nachbehandlers), denn derartige Angaben sind wichtig, um später an den vom  Gericht bestellten Gutachter die richtigen Fragen zu stellen. Dies ist sehr hilfreich, um den Sachverständigen zu den entscheidenden Aussagen im Sinne des Patienten zu bewegen.

4. Die Zustände in der Klinik können dort alle bestätigen, es gab noch mehr Fälle und das ist der Beweis für den Behandlungsfehler.

Bei genauerer Nachfrage ergibt sich dann,  dass der Bettnachbar oder "Schwester Lena" als Zeugen angeführt werden oder jemand bei der Reha-Behandlung von gleichartigen Fällen berichtet haben soll, aber weder der vollständige Name noch die Adresse bekannt sind. Beides ist aber erforderlich, um vor Gericht einen Zeugenbeweis anzutreten. Diese Angaben müssen vom Patienten selbst noch während des Klinikaufenthaltes oder der Rehabilitationsbehandlung erfragt werden. Denn es ist entgegen der in manchen Fernsehserien vermittelten Ansicht nicht die Aufgabe des Anwaltes, ermittelnd tätig zu werden. Die Klinik wird schon aus Gründen des Datenschutzes Auskünfte über Name und Adresse des Bettnachbarn im Krankenzimmer verweigern und derartige Auskünfte auch nicht gegenüber dem später vom Patienten eingeschalteten Anwalt erteilen. Eine entsprechende persönliche Nachfrage in der jeweiligen Situation ist daher nicht zu ersetzen und führt zumindest zu einer Klarheit, ob überhaupt Bereitschaft zu einer entsprechenden Aussage bestehen würde.

5. Wenn ein Todesfall durch Falschbehandlung vermutet wird und die Todesfallermittlung negativ verläuft, hat ein Arzthaftungsprozess keinen Sinn.

Auch das ist nicht richtig, denn auf die zivilrechtliche Geltendmachung von Schmerzensgeld hat das Endergebnis des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens keinen Einfluss. Auch wenn das Gutachten im Todesfallermittlungsverfahren keine Hinweise auf eine Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht  im Zusammenhang mit dem tödlichen Verlauf feststellt, kann darauf die zivilrechtliche Schmerzensgeldforderung der Erben aufgebaut werden. Denn solche Gutachten enthalten oft Anhaltspunkte für ärztliche Versäumnisse, die im Hinblick auf das Todesermittlungsverfahren nicht weiter geprüft werden mussten, aber trotzdem haftungsbegründende Behandlungsfehler sind.

Voraussetzung für ein Gutachten über die medizinische Sektion ist allerdings, dass die Angehörigen die Obduktion überhaupt zulassen. Sofern man Ihnen dies zur Wahl stellt, sollten Sie dem zustimmen. Denn wenn von Amts wegen danach gefragt wird, besteht zumindest der Anfangsverdacht eines nichtnatürlichen auf einem ärztlichen Kunstfehler beruhenden Todesfalls. Mit dem Obduktionsbericht bzw. dem Gutachten der medizinischen Sektion erhalten die Angehörigen ein kostenloses medizinisches Sachverständigengutachten. Dies wird allerdings nicht automatisch übermittelt. Um an das Gutachten zu kommen ist es daher sinnvoll, einen Anwalt für Medizinrecht mit der Akteneinsicht im Ermittlungsverfahren und der Prüfung etwaiger Arzthaftungsansprüche anhand des Gutachtens zu beauftragen.

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